Gesellschaft für Theaterwissenschaft

Am 11. Februar erfuhren wir durch eine Email der Direktorin der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, dass die Goethe-Universität Frankfurt nicht mehr beabsichtigt, den Fachinformations-dienst Darstellende Kunst (FID DK) über das Ende der jetzigen Laufzeit (2027) hinaus zu unterstützen. Diese Entscheidung wurde nach Auskunft der Direktorin auf der Ebene des Managements der Goethe-Universität und der Universitätsbibliothek getroffen. Der wissenschaftliche Beirat wurde ebenso wie die örtlichen Fachvertreter:innen und die zugehörigen Fachgesellschaften in die Entscheidungsfindung nicht einbezogen. Als Fachgesellschaft der deutschsprachigen Theaterwissenschaft protestieren wir auf das Schärfste gegen diese Entscheidung, die unter Missachtung fachlicher Expertise einseitig vollzogen wurde.

Der FID DK ist nichts Geringeres als das informationelle Rückgrat der deutschsprachigen Theaterforschung. Fachwissenschaftler*innen der Theater- und Tanzwissenschaft, der Performance Studies, pädagogischer und künstlerischer Hochschulen sowie transdisziplinärer Forschung nutzen täglich die Dienste des FID DK. Zu den intensiven Nutzer:innen und langjährigen Kooperationspartner:innen des FID DK gehören darüber hinaus fachliche Sammlungen in Bibliotheken, Archiven, Museen und Gedächtnisinstitutionen (GLAM) und Angehörige einschlägiger außeruniversitärer Forschungseinrichtungen national sowie international. Als stabiler Informationsinfrastrukturpartner bietet er mit www.performing-arts.eu für die Gedächtnisinstitutionen der Darstellenden Kunst ein Suchportal, in dem Bestände weltweit frei und dauerhaft nachgewiesen werden. Zu den Tätigkeiten des FID DK gehört die forschungsnahe Datenarbeit (Datenaggregation, Normdatenarbeit, Aufbereitungen von Datenbeständen für die Theater- und Tanzwissenschaft), die Beratung bei Projektanträgen (mit Blick auf die Datenarbeit) sowie Infrastruktureinrichtungen (digitaler Transfer), die Erwerbung und überregionale Bereitstellung (Fernleihe) von theater- und tanzwissenschaftlicher Literatur, die Lizenzierung von e-Ressourcen und die Vorstellung digitaler Infrastrukturen in Lehrveranstaltungen, Workshops und Konferenzen. Die Arbeit des FID DK zeichnet sich durch eine enge Bindung an die Fachgemeinschaft in Forschung und GLAM-Institutionen aus. So ist der FID DK in zahlreichen Fachgremien aktiv, etwa in der Gesellschaft für Theaterwissenschaft (Sprecherschaft der Arbeitsgruppe Archiv), als Mitglied im Executive Committee der International Association of Libraries, Museums, Archives and Documentation Centres of the Performing Arts (SIBMAS), als Sprecherin der AG Performing Arts des Standardisierungsausschusses (STA) und als Beiratsmitglied im BKM-Projekt Digitales Archiv der Freien Darstellenden Künste.

Der Fachinformationsdienst Darstellende Kunst wird seit 2015 an der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, der größten Universitätsbibliothek Deutschlands, betrieben. Er ist damit der am längsten an der Goethe-Universität Frankfurt angesiedelte Fachinformationsdienst. Er geht zurück auf die von der DFG geförderte Einrichtung von Sondersammelgebieten an den deutschen Universitätsbibliotheken. Die DFG hat durch die Einrichtung des neuen Förderformats FIDplus (ab 2026) die Wichtigkeit der Fachinformationsdienste bestätigt. Hier wird – zum ersten Mal in der Geschichte öffentlicher Wissenschaftsförderung in Deutschland – der Schritt zu einer zeitlich unbegrenzten Förderung getan. Die Voraussetzung, nämlich eine Förderung über vier Förderphasen, werden durch den FID DK erfüllt.

Vor diesem Hintergrund ist es uns unverständlich, warum die Leitung der Goethe-Universität Frankfurt bestens etablierte, viel genutzte und nachweislich erfolgreiche Forschungsinfrastrukturen preisgibt und damit das in sie gesetzte Vertrauen zerstört. Dies gilt nicht nur seitens der Theater- und Tanzforschung, sondern auch für die Wissenschaftscommunities der anderen, nun aufgekündigten Fachinformationsdienste für Afrikastudien, Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft sowie Linguistik.

Als Fachgesellschaft appellieren wir an die Universitätsbibliothek und das Präsidium der Goethe-Universität, die von Ihnen angekündigte Entscheidung zu überdenken!

Der Vorstand